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Der Familienname Thoß

Name, Herkunft und Verbreitung der Familie Thoß
Von Alfred Thoß und Karl Thoß
Die Träger des Namen Thoß, Thoss, Toss, Doß sind heute noch in beiden Teilen Deutschlands weit verbreitet. Sind es im Mittelalter vor allem die Gebiete Niedersachsens, später vornehmlich aber des Vogtlandes, so ist der Name heute auch in den zentraleuropäischen Ländern und durch Auswanderung von Namensträgern ebenso in Übersee ( Kanada, USA und Argentinien ) zu finden. Der größte Teil der befragten Namensträger Thoß gab jedoch an, dass die Vorfahren aus dem Vogtland kamen.
Namensdeutung
Herkunft und Bedeutung des Namens sind nicht eindeutig geklärt. Das von Hans Bahlow herausgegebene „Deutsche Namenslexikon“[1] gibt lediglich an, dass der Name oft in Sachsen vorkommt. Die ehemalige Zentralstelle für Genealogie in der DDR hat unter AL 10626 einige die Familie Thoß betreffenden Angaben erfasst. Der ehemalige Obervermessungsdirektor Schmeyer in Oldenburg brachte den Familiennamen in Beziehung zu dem hydrographischen Begriff „Asa“, einem Verladungsgebiet, einem von einem Rinnsal durchflossenen Wiesenmoor oder einem Flusslauf, z.B. Ose, Asse, Ossne ( Osnabrück ), Aisne in Nordfrankreich, Esse ( Essen an der Hase ), Dosse in Mecklenburg, Does in Südholland. Das T oder D sind Reste der Dativpräposition.
Ein „Dosthof“, von Teichen umgeben, liegt in der Niederung eines Zuflusses der Aue bei Burgstedt, Kr. Stade. Im Kreis Melle gibt es einen Tossenbrook, bei Buer in Westfalen einen Dossenhof seit dem 11. Jahrhundert. Das Oldenburger Urkundenbuch Bd. II Nr. 136 nennt im Jahre 1262 den Ort Tossen, vermutlich das heutige Städtchen und Seebad Tossen im Budjadinger Land am Nordseestrand.
Möglicherweise sind die Familien Thoß im Rahmen der Umsiedlungen Karls des Großen aus dem alten Chaukenland vertrieben und weiter südöstlich angesiedelt worden, wo sie später im Hildesheimischen größere Bedeutung erlangten. Die Mecklenburg-Pommerschen Doße ( Thosse ) kamen dann im Verlaufe der Ostkolonisation Heinrichs des Löwen in diese Gegenden. Ihre Familien sind nach Angaben von Frau Margarete Raunert genealogisch erforscht[2] ebenso wie die nach Russland ausgewanderten Namensträger ( Tosno, auf halbem Weg von Leningrad nach Moskau ).
Der Familienname Thoß könnte demnach bedeuten: der an einer Niederung, an einem Wasserlauf Ansässige. – Von anderen wird der Name aus einem alten – ingi Namen abgeleitet, zumal das Stader Copiar aus den Jahren 1420, 1444 und 1500 den Namen in der Form Tosinze, Tossenze, Tosense aufzeigt. Die ursprüngliche Namensform Tottingi könnte sich gewandelt haben in Tossens und Ansiedlung der Sippe der Totte, oder Tosse bedeuten. Vielleicht hängt der Familiennamen auch mit dem Tätigkeitswort „tosen“ zusammen. Für diese Bedeutung würde besonders die Namensform „der Tosse“, häufig gebraucht bei der vogtländischen Sippe, sprechen. Der Familienname wird auch mit „dost“, dänisch „tost“, schwedisch „tosta“ = Busch in Verbindung gebracht, angelsächsisch „thost“. Nach Förstemann[3] leitet er sich ab von Thosa und Does, einer in Nordholland und Flandern häufig vorkommenden Form. Das „Oorkondenboek van Holand en Zeeland“, Amsterdam 1866, verzeichnet den Namen Tosa im Jahre 933, Those 989, Thosan 1190, 1192, 1196 usw.
Frau Margarete Raunert hält die Tossenfamilien in ihrem Werk für „alte, edle Pommern, von Obotriten abstammend“. Sie erklärt den Namen aus slawischer Wurzel, „dosany“ bedeutet siegreich. Gottschald[4] bringt Thoß in Verbindung mit Teuze, Theiss; Diet (vgl. Theodorisch), was der im Volke Mächtige bedeutet. – Ein e etwas künstliche Ableitung ist die von dem germanischen Götternamen Thor, wonach Thoß Thors Sohn bedeuten sollte. Der in verschiedenen Landschaften abgewandelte Familienname (dänisch, schwedisch, angelsächsisch) scheint auf gemeingermanischen Ursprung hinzudeuten.
Die Thosse in Niedersachsen
Im Hildesheimischen taucht der Name im Jahre 1150 zum ersten Male auf. Es gab dort um diese Zeit ein Gut Tossem, Thosseim, Tossum. Im Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim und seiner Bischöfe[5] wird auf eine Wüstung gleichen Namens hingewiesen.Wie A. Thoß in den „Nachrichten über die Familie Thoß“[6] zusammenfassend nach Darstellungen bei Sudendorf und im Hildesheimer Urkundenbuch schrieb, darf die Siedlung Tossum nachweislich als friesisches Siedlungsland angesehen werden. Darauf deuten die Ortsnamen mit der Endung –um hin, z.B. Ochtersum, Itzum. Der Flussname „Innerste“ soll friesischem Ursprung zugehören.
Henricus von Tossen war im Jahre 1197 Erzkämmerer im Bistum Hildesheim. Der dortige Bischof Konrad von Querfurt, Kanzler des mittelalterlichen Kaiserreiches, wurde nach der Teilnahme am Kreuzzug ins Heilige Land in Übereinstimmung des Kaisers zum Bischof von Würzburg ernannt, organisierte von seinem Amtssitz aus die Kolonisierung Oberfrankens und des Gebietes um Eger, unterstützt vom staufischen Kaiser Heinrich VI.. Die Querfurter wurden mehrfach in der vogtländischen Geschichte erwähnt[7]. Die Freilandschaften und die späteren Städte Plauen, Elsterberg, Mylau, Greiz wurden Ausgangspunkte für eine erfolgreiche Siedlungspolitik des Geschlechts von Lobdeburg und der Vögte von Weida, spätzer von Plauen, der Ahnen der Reußen, die aus Verehrung für ihren Förderer, Kaiser Heinrich VI., alle regierenden Söhne bis zum Anfang unseres Jahrhunderts mit Vornamen Heinrich nannten.
Doch noch einmal zurück zu den Thoß-Familien im Hildesheimischen. Heinrich von Tossum war in den Jahren 1200 – 1220 Archidiakon in Groß-Solschen, einem Dorf nahe Hildesheim. Im Jahre 1258 wurde er als canonicus noch erwähnt[8]. Mehrfach traten Heinrich und Eckbrecht, Walter, Herman, Ludolfus Thoß als Ministeriale und Zeugen in zahlreichen bischöflichen Urkunden auf. So wurde am 21. März 1313 die Übergabe von zwei Hufen Land in Tossum von einem Herrn zu Woldenstein zu Händen des Abtes und Konvents des Klosters Marienrode erwähnt[9]. Am gleichen Tag übereignete Ritter Ludolf von Tossum, Kämmerer, dem Kloster Marienrode Hörige und Güter in Tossum. Sudendorf spricht in diesem Zusammenhang von einer Niederlegung des Dorfes Tossum durch den Hildesheimer Bischof, wenn auch zunächst nur die Übergabe von Grundbesitz aus diesem Dorf an das Kloster Marienrode gesprochen wird. Es wurden aber in den Jahren 1313/14 noch weitere Güter in Tossum dem Kloster überschrieben. Auf diesem Gebiet wurde später die Marienburg, eines der bedeutenden Machtzentren der Hildesheimer Bischöfe, errichtet. Nur der „Tossumer Berg“, nahe der Marienburg, erinnert noch heute an die ehemaligen Grundstückseigentümer[10].
Dass Tossum ehemals ein ansehnlicher Ort gewesen sein muss, geht daraus hervor, dass am23. April 1314 ein Ritter Johann von Meinberg, Schenk des Stiftes Hildesheim, seinen Hof in „Tossem“ für 90 Mark Silber an Abt und Konvent zu Marienrode verkaufte (Sudendorf Nr. 8). Zu dem Ort gehörten ursprünglich ausgedehnte Wälder[11]. In den Jahren 1371 – 91 wurde nochmals ein Ludolf von Tossum als Kämmerer des Hochstifts genannt, dessen Sohn Heinrich zu Beginn des 15. Jahrhundert Ministerialer geworden war[12]
Im 18. Jahrhundert sind Angehörige der Familie Thoß als Amtsschreiber des Bischofs genannt, es gab gleichfalls Geistliche in der Familie. Zu ihr gehörten sicher die beiden um die Mitte des vorigen Jahrhunderts (1842 und 1846) in Bodenburg im Braunschweigischen geborenen Brüder Paul und Erich Thoß, die beiden Feldmarschallleutnants in der k. u. k. österreichischen Armee dienten und 1900 bzw. 1904 in den Adelsstand erhoben wurden[13].
Nachdem Konrad von Querfurt, Bischof von Hildesheim und Kanzler des mittelalterlichen Deutschen Reiches, nach Würzburg übergesiedelt war, und zwar im Jahr 1199[14] und sich um die Erschließung der späteren Gebiete des Vogtlandes bemühte, waren ihm vermutlich u.a. auch Angehörige der Familien Thoß als getreue Gefolgsleute nachgezogen.
Es sei zunächst ein Blick auf die frühe Geschichte des vogtländischen Raumes und seiner angrenzenden Gebiete geworfen. Zu Beginn der frühmittelalterlichen Zeit des Vogtlands war dieses Gebiet ursprünglich auch von germanischen Stämmen bewohnt, die dann weiter südlich gewandert waren. Die Ostpolitik der deutschen Könige und Kaiser des 10. und 12. Jahrhunderts sorgte jedoch für die völlige Wiederbesiedlung des Saale-Elster-Elbegebiets. Die Mark Zeitz gehörte zu diesen Gebieten. Sie wurde im Jahre 1107 mit der Mark Meißen vereint. Seit dem Jahre 1123 herrschten dort die sächsischen Wettiner. Die Mark war in Gaue eingeteilt, die von sächsischen Grafen oder auch von Ministerialen verwaltet und bewirtschaftet wurden.
Ein Teil des späteren Vogtlandes bildete den Dobenagau mit Plauen als Mittelpunkt. Hier, auf der Dobnaburg im Syratal, residierten die Grafen von Eberstein, die gleichfalls bei Holzminden an der Weser und im Bistum Hildesheim begütert waren[15]. Nördlich davon, im Gau Weida, regierte auf der Osterburg ein Ministerialengeschlecht, das aus der Gegend um Mühlhausen/Thüringen gekommen war[16]. Die südliche Grenze des Dobnagaues bildeten die Flüsse Zwota und Weiße Elster zu den bayrischen Nordmarken hin. Ausgenommen war das Gebiet um Eger, das seit dem Jahre 1146 vom staufischen Kaiser Friedrich Barbarossa als Reichsland beherrscht und zur Pfalz ausgebaut worden war. In die Burg Eger setzte er als Verwalter den Reichsministialen Albertus Nothaft ein.
Die Provinz Eger und die verkleinerte Mark Zeitz waren terra imperii, kaiserliches Reichsland. Im Dobnagau um Plauen verloren die Herren von Eberstein später den größten Teil ihres Besitzes, der an Reichsministeriale vergeben wurde. Nur die Stadt Plauen verblieb der Familie, die während der Auseinandersetzungen des Stauferkaisers mit Heinrich dem Löwen Gefolgsleute des Sachsenherzogs geblieben waren. Für Heinrich von Weida hingegen brachte der Kriegsdienst auf kaiserlicher Seite großen Machtzuwachs. Er wurde zum Reichsvogt (advocatus imperii) über die gesamte terra imperii eingesetzt. Diese Beamtenstellung war jedoch mit keinem Recht an Grund und Boden verbunden, ausgenommen seinem früheren Besitz Weida. Die zahlreichen Herrengeschlechter im Verwaltungsgebiet des Weidaers waren nicht seine Vasallen, sondern als Eigentümer von Reichsland kaiserliche Vasallen; der Kaiser betrachtete sie als Stützen seiner Zentralgewalt. Neben militärischen Aufgaben sollten sie das dünn besiedelte Land durch Neusiedler erschließen, kultivieren. Eine Anzahl deutscher Siedler kam aus Franken und Thüringen; während der Herrschaft des Grafen von Eberstein waren sie zumeist aus dem Hildesheimischen gekommen.
Unterstützt wurde die deutsche Besiedlung von den Bischöfen von Bamberg und, wie oben Bereits erwähnt, von Würzburg. Unter den Reichsministerialen und kaiserlichen Dienstmannen sind vornehmlich zu nennen die Familien von Wiedersberg und Nelperg, die Straßberg, von Milen und Falkenstein, von der Plon, die Nothafte und Säcke, die von Roder und Raben und nicht zuletzt die von Reinoldsdorf bzw. Thosse von Schöneck[17]
Auch der Enkel Kaiser Barbarossas, Kaiser Friedrich II., bemühte sich persölich um diese wichtigen Grenzgebiete. Schon als König hatte er sich im Jahre 1213 bei einem Aufenthalt in Eger um die Fortentwicklung des Grenzgebietes gekümmert, um das in den Jahren 1200 bis 1220 der Markgraf von Meißen und der Landgraf von Thüringen um politischen Einfluss Kriege führten. Nach den Verwaltungsrichtlinien Kaiser Friedrich II. war jeder Lehnsträger auch in diesem Gebiet verpflichtet, zum Kriegsdienst einen Reiter und zwei Schildträger zu stellen. Diese Pflicht galt also auch für die als „miles“ oder Ritter urkundlich genannten Familien von Thoß.
Die von Reinsdorf oder Tosse zu Schöneck, genannt nach einem Gut südwestlich von Plauen, erhielten ihr Gebiet um den Kemmler bei Plauen als Reichslehen, nachdem vermutlich die vorangegangenen Lehnsträger ausgestorben waren[18]. Die späteren Dörfer Thoßfell und Thossen wurden auf dem alten Freiland gegründet. Kirchen wurden gebaut, von denen die Kirche in Thossen, zu den reizvollsten Kirchen des Vogtlandes zählend, wegen ihrer spätmittelalterlichen Architektur und Ausgestaltung unter Denkmalschutz gestellt wurde[19]. Der bekannt gewordene Albert von Reinoldsdorf darf als Stammvater der sich bald weiter verzweigten Familie Thoß angesehen werden. In der „Collectio genealogica Koenigiana“, der Handschriftensammlung der Staatsbibliothek Berlin, „Ad Geealogiam der Tosse in Thüringen“, wird fälschlicherweise die für Eitel Thoss im Jahre 1343 ausgestellte Urkunde auf 1143 vordatiert. König schrieb, dass diese Urkunde mit Datum 1143 in seinem Besitz gewesen, aber verloren gegangen sei.
Am 19. Februar und am 12. Dezember 1295 wurden Albertus und sein Bruder Tusso de Reinoldsdorf als Zeugen aufgeführt. Letzterer stand dann immer mehr im Vordergrund und muss wohl als eigentlicher Namensträger der Tosse angesehen werden. In einer Urkunde vom 24. August 1302, laut welcher er Güter an das Nonnenkloster Cronschwitz verkauft hatte, zeichnete er als Tosso, Ritter von Reinoldsdorf, in späteren Urkunden, 1298 bis 1314 als Ritter Eberhardus Tosso, auch als Dominus Tosso, schließlich in den Jahren 1301, 1309, 1314, 1315, 1317, 1318 und 1327 als Tosso von Schöneck (Schonenecke, Schonecke). Dass in dieser dreifachen Bezeichnung als Dominus Eberhardus Tosso, Dominus Tosso und Dominus Tosso de Schonecke immer ein und dieselbe Persönlichkeit angenommen werden kann, geht aus der Stellung derselben zu den übrigen Zeugen hervor. – Jedenfalls hatte dieser Tosso von Schöneck eine bedeutende Stellung unter der Ritterschaft der Herrschaft Plauen und in der Umgebung der Vögte[22].
Burg und Stadt Schöneck. Aus: K.A. Limmer, Entwurf einer urkundl. Geschichte des gesamten Vogtlandes, Gera 1827, S. 438
Burg und Stadt Schöneck
In verschiedenem einschlägigem Schrifttum wurde bezweifelt, dass mit castrum Schöneck (1327) die Burg des Städtchens Schöneck im oberen Vogtland gemeint sei. Vor allem C. von Raab vermutete, da sonst nirgends ein Schöneck erwähnt wurde, dass auf dem rechten Elsterufer, oberhalb von Weischlitz, in der Nähe des heutigen Bahnhof Pirk, eine steile Felswand, mit einer darunter liegenden Wiese, die den Namen „Schöneckere“ führe, ehemals eine Burg getragen hätte. Das ist weder urkundlich noch durch sonstige Überlieferungen nachgewiesen. Da die Burg „castrum Schonnek“ innerhalb der Grenzen des Gaues Dobna liegt, dürfte ihre Zugehörigkeit zum Herrschaftsbereich der Plauener Vögte außer Zweifel stehen, einer Annahme, die durch die Urkunde des Jahres 1370 bestätigt wird[23]. Einwände obengenannter Art werden von späteren Forschern, Pitzsch und Kühnel, abgewiesen, und die Burg Schöneck darf ihre bedeutenden Thoß-Persönlichkeiten in der Zeit von 1225 bis 1327 für sich in Anspruch nehmen. Es sind dies Albertus de schonegge 1225, Tosso und Conradus 1327, Herr von Schöneck 1274 und schließlich Tosso de Schonecke 1309 und 1317[24]. Schöneck war ein Hauptsitz der Tosse. Das Schloß Schöneck, bereits 1301 genannt, stand auf dem „Sonnenwirbel“, einem felsigen Hang mit weitem Blick aus 734 Meter ü. d. M. ins Egerland, nach Nordbayern und ins nördliche Vogtland. Das Schloß wurde 1580 abgetragen, der felsige Rest des Turms sieht noch auf dem „Alten Söll“, heute ein vielbesuchter Aussichtsturm[25]. Schöneck kann also zu den ältesten Burgen des Vogtlands, wie Elsterberg, Mylau, Plauen und Straßberg, zählen, sicher älter noch als Auerbach und Voigtsberg (1240). Dass hier eine Burg erbaut wurde, ist begreiflich. Hier führte eine Straße aus dem Vogtland nach Böhmen, obwohl die Hauptverbindung von Plauen über Ölsnitz, Adorf, Asch (oder Landwüst) nach Eger verlief. Aber auch der Weg von Zwickau und Reichenbach über Treuen, Schöneck, Markneukirchen und Landwüst nach Eger war bedeutungsvoll, wenn auch die langen Waldstrecken größere Gefahren mit sich brachten. Noch am 16. Juli 1573 machte der Rat zu Ölsnitz die Bürger von Eger darauf aufmerksam, dass die Egerschen Fuhrleute, die von Zwickau nach Böhmen und Eger führen, stets den Weg über Ölsnitz und nicht „die beiweg uf Schöneck und Neukirchen“ zu nehmen hätten[26] Die Siedlung wurde bereits 1370 durch Kaiser Karl IV., König von Böhmen, mit dem Stadtrecht und verschiedenen Privilegien ausgestattet, u.a. mit dem Marktrecht und der Steuerfreiheit, letztere allerdings mit der Einschränkung, dass dem Landesherrn bei seinem Erscheinen in Schöneck stets ein neuer hölzerner Becher mit fünf Pfund schwäbischen Hellern gereicht werden müsse. Der Kaiser hatte im Jahre 1367 das Vogtland besucht, auf dem Schloß Mylau gewohnt und durch Vertrag mit Vogt Heinrich VIII. Mylau und Reichenbach für 600 Schock Prager Groschen erworben. Damals ist ganz sicher auch die Lehensübergabe Schönecks auf den Kaiser geregelt worden, und somit hatte der Kaiser den ganzen Straßenzug von Reichenbach über Schöneck nach Eger noch fester in der Hand als zuvor. Schöneck wurde also um 1367 böhmisch[27].
Bis zu diesem Zeitpunkt war Schöneck im Besitz der Vögte von Plauen. In Urkunden traten die Herren von Schöneck immer im Gefolge der Vögte auf. Johannes Leipoldt kommt daher in seiner „Geschichte der ostdeutschen Kolonisation“ zu dem Schluss, in den Herren von Schöneck, die ihrer Stellung nach offenbar dem Adelsstand angehörten, die ursprünglichen Inhaber des Burgbezirks Schöneck zu sehen. 1225 stehen sie unter den Zeugen der Urkunde mit den Reichsministerialen Heinrich von Chrimmitschau und Albert Nothaft v on Wildenstein in der gleichen Reihe. 1274 wurde der Betreffende „dominus de schönekke“ genannt. Berthold Schmidt hält sie für Reichsministerialen. Es ist zu vermuten, dass die Burg schon vor der Abspaltung der Herrschaft Voigtsberg vom Gaubezirk entstanden war. Die kleine Herrschaft, die sich zu Füßen des Burgfelsens zu Schöneck ausbreitete, umfasste nur wenige Orte: Schilbach mit Korna, Eschenbach, Werda, Wohlbach, Gunzen und Breitenfeld. Diese Dörfer gehören alle zum Pfarreibezirk Schöneck[28]
„Die Stadt, die sich um das Schloß Schöneck gruppierte, kann man sich gar nicht klein genug vorstellen“, schreibt Pfarrer R. Franke in der „Neuen Sächsischen Kirchengalerie – Euphorie Ölsnitz“ – von 1913. 1595 zählte man nur 75 Feuerstätten in Schöneck. Einer Aufstellung von 1715 ist zu entnehmen, dass die Zahl der Häuser in Schöneck einschließlich Forsthaus, Pfarramt, Kirche, zwei Schulen und Mühlen 146 betrug. Stadt und Burg waren oft genug kriegerischen Brandschatzungen und Plünderungen ausgesetzt, denn weiterhin war sie auf ihrer nach Westen stark abfallenden Hochfläche sichtbar. Schon in den Hussitenkriegen wurde sie betroffen, weit mehr aber im Dreißigjährigen Krieg, durch den unseligen General Holk. Auch Feuersbrünste wüteten in dem Städtchen, so 1632, 1680, 1761 und zuletzt 1856. Deshalb ist kaum ein Zeugnis aus der alten Schönecker Geschichte erhalten[29].
Im 14. Jahrhundert verbreitete sich das Geschlecht der Tosse fast über das ganze Vogtland, jedoch sind die Tosso de Schoeneck nicht mehr nachweisbar. Letztmalig im Jahr 1327 (März 13), als der Vogt Heinrich der Ältere und sein Sohn die Herrschaft Plauen von König Johann von Böhmen zu Lehen nahmen, wurden ein Toß als des Vogtes angesehenster Ritter, als Zeuge mit „nostri vasalli, die stenui milites Tosso de Schoneck et suus filius Cunradus“ als erster genannt. Bald danach 1333, und 1337[30], trat Jungel Tosse als Zeuge auf. Eine umfangreiche Gütermehrung um die Mitte dieses Jahrhunderts war zu verzeichnen. Am 14. September 1343 wurde Eltel Tosso, Ritter, von Heinrich dem Langen, Vogt zu Plauen, mit dem Gut Schönberg belehnt, das er für 1300 Pfd. Heller gekauft hatte. Bei dieser Kaufhandlung erscheint zugleich ein Heinrich Tosse als Teidinger. Die bereits erwähnten Eltel und Jungel Tosse wurden in Urkunden des Klosters Waldsassen von 1333, 1335, 1337, 1357 und 1359 erwähnt. Sie werden 1358 unter der Ritterschaft des Egerlands genannt, so vor allem als beide am 11. Mai nebst anderen Edlen Kaiser Karl IV. als König von Böhmen huldigten und die Verpfändung von Stadt und Land Eger und der Schlösser Floß und Parkstein an die böhmische Krone für 40 000 Mark bestätigten[31]. Nicht unerwähnt darf bleiben, dass in der Urkunde vom 21. Dezember 1315 „Concz Tosse“, und als „Conrad hern Tossen Sun“ in der Urkunde vom 12. Mai 1317 im Gefolge Friedrichs von Schönbergs auftraten. Ert ist personengleich mit Konrad von Erlebach, dessen Nachfahren später die Besitzungen in Adorf und Freiberg innehatten[32].
Anhang zur Karte des Vogtlands
Erste bekannte urkundliche Erwähnung der Thoß in:
Adorf 1350, Altensalz 1590, Altmannsgrün 1740, Arnoldsgrün 1382, Arnsgrün 1540, Auerbach 1768
Bergen bei Adorf 1532, Bergen bei Falkenstein 1800, Bernsgrün 1760, Bobenneukirchen 1347,
Dobia 1549, Dorfstadt 1600, Drochaus 1657,
Eger 1360, Ebersgrün 1800, Ellefeld 1480, Erlbach 1417, Eschenbach 1428,
Falkenstein 1550, Freiberg bei Adorf 1427,
Gansgrün 1690, Geilsdorf 1636, Gettengrün 1560, Göttendorf 1594, Greiz 1618, Grünsbach 1790, Gunzen 1496,
Hohenleuben 1530, Hof 1549,
Jößnitz 1428,
Korna 1446, Kornbach 1672,
Langenwetzendorf 1636, Langenwolschendorf 1712, Linda bei Pausa 1820,
Marieney 1395, Meerane 1890,
Naitschau 1609, Neustadt bei Falkenstein 1603, Niederreuth 1638,
Ober- und Unter-Lauterbach 1725, Ölsnitz 1532,
Pöllwitz 1791, Pirk 1531, Pausa 1731, Prex 1667, Plauen 1418, Pommeranz 1840,
Reinsdorf 1300, Reuth 1625, Rodau 1590, Ronneburg 1300,
Stein 1630, Steinsdorf 1425, Stöckigt 1428, Siehdichfür 1750, Schilbach 1386, Schöneck 1225, Schönberg bei Brambach 1343, Schönberg bei Rodau 1695, Schleiz 1591,
Taltitz 1765, Theuma 1782, Thossen 1599, Thoßfell 1303, Treuen 1740, Trieb 1793, Tobertitz 1619,
Vielau 1860, Voigtsberg 1730,
Wolfshain 1800, Werda 1447, Wohlbach 1496, Wallengrün 1795,
Zeulenroda 1800, Zöbern 1467, Zobes 1590
[1] Hans Bahlow: Deutsches Namenslexikon, Suhrkamp-Verlag, S. 516
[2] Margarete Raunert: Zur Bevölkerungsgeschichte des oberen Vogtlandes, von der Besiedlung bis zum 18. Jahrhundert. Eine genealogische Untersuchung, 2. überarbeitete Auflage in zwei Bänden, Berlin ( Ost ) 1977, S. 196
[3] Förstemann, Bonn 1916, 2. Bd., 2. Hälfte, Sp. 105 l
[4] Gottschald: Deutsches Namensbuch, Neuauflage, Berlin 1971
[5] Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim, Teil I bis VI, 1135 – 1398
[6] Alfred Thoß: Nachrichten über die Familie Thoß, in: Die Thüringer Sippe, Jahrg. 7, 1941, S. 2
[7] M. Raunert, a.a.O. (Anm. 2), S. 190
[8] Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim. II.Teil, S. 670
[9] Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim. IV. Teil, Urkunden 166 – 168, 193, 194
[10] Sudendorf: Urkundenbuch, Bd. IX, Nr. 1, 2, 5, 6, 7.
[11] Urkundenbuch des Hochstifts Hildesheim, 5. u. 6. Teil, „Tossumer Wald“.
[12] Ebenda VI. Teil S. 1118.
[13] Staatsarchiv des Inneren u. d. Justiz, Wien I, Archivzahl 802/1939.
[14] Urkundenbuch des Hochstifts H., I. Teil S. 763.
[15] G. Zill: Die Entstehung des Vogtlandes als politische Einheit, Manuskr. 1982.
[16] Rudolf Diezel: Die Osterburg in Weida, in: Heimatbote Greiz, Nr. 11/1983
[17] E.O. Schulze: Die Kolonisierung, Plauen 1927, S. 132.
[18] Günter Zill: Beiträge zur Geschichte der Stadt Schöneck, Manuskript 1982.
[19] R. J. Hartenstein: Die Thossener Kirche, ihr Flügelaltar und die im Jahr 1954 freigelegten Wandmalereien, in: Museumsreihe Plauen, Heft 24. Die Kirche steht unter Denkmalschutz, eine der reizvollsten des Vogtlandes. Die Malereien sind weit in die vorgotische Zeit zurückzudatieren. Sie werden unmittelbar nach Erbauung des Kirchleins, also in dem ersten Jahrzeht des 13. Jahrhunderts, entstanden sein. Es sind die ältesten bildlichen Aussagen, die es im Vogtland gibt.
[20] P. Beckler: Illustre Stemma Ruthenicum, S.17. – A. Thoß: Die Geschichte der Stadt Greiz, Weimar 1933, S. 12
[21] A. Thoß: Nachrichten über die Familie Thoß, S. 2. – M. Raunert, a.a.O. (vgl. Anm 2, S. 191).
[22] Mitteilung des Altertumsvereins Plauen, 1882, S. 31/32
[23] Ebenda, S. 34
[24] G. Kühnel: Stadtgeschichte Schöneck i. V. Manuskript 1971, S. 3.
[25] M. Raunert, a.a.O., S. 195
[26] G. Kühnel: Stadtgeschichte von Schöneck i.V., Manuskript 1971, S. 3.
[27] G. Kühnel, a.a.O., S.4.
[28] M. Raunert, a.a.O., S. 197/198
[29] J. Jaeger: Stadtgeschichte v. Schöneck aus „Aschberggebiet“, 1967, S. 66/67
[30] B. Schmidt: Urkundenbuch, Nr. 611 und 613.
[31 Mitteilung des Altertumsvereins Plauen 1882, S. 34/35.
Auszug aus dem Heft 4/1985 Mitteldeutsche Familienkunde